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Das Projekt CIRSforte und die Lehren

Aus Fehlern wird man klug

Berichts- und Lernsysteme in der Hausarztpraxis haben ein Ziel: Aus Fehlern lernen und damit die Behandlungsqualität für die Patienten verbessern. Das Projekt CIRSforte hat Praxen dabei unterstützt, ein professionelles Fehlermanagement einzuführen.
© iuriimotov – stock.adobe.com
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Niemand will Fehler machen, aber jeder macht welche. Das liegt in der Natur des Menschen, heißt es dann gerne. Dabei wird jedoch übersehen, dass in den allermeisten Fällen nicht eine einzelne Person für den Fehler verantwortlich ist, sondern oft eine Verkettung unglücklicher Umstände oder das Versagen von bestehenden Sicherheitsbarrieren. Das ist auch in jeder Hausarztpraxis so.

Deshalb ist es wichtig, bei Fehlern den Ablauf zu hinterfragen und die Ursachen des Ereignisses zu analysieren. Nur dann können gezielte Maßnahmen abgeleitet werden, mit denen das Risiko eines Wiederauftretens gesenkt werden kann. Das machen wir bei info praxisteam schon seit vielen Jahren, indem wir Ihnen den Fehler des Monats aus der Berichtsdatenbank des Instituts für Allgemeinmedizin in Frankfurt präsentieren. Solche Fehlermeldesysteme werden auch Berichts- und Lernsysteme genannt, international spricht man von Critical Incident Reporting Systems (CIRS). Sie dienen dem Fehlermanagement.

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Sinnhaftigkeit der Systeme in den Praxen zwar bekannt ist, es allerdings oft an Ideen für die konkrete Umsetzung fehlt, das heißt viele Praxen wissen einfach nicht, wie sie damit umgehen sollen. Aus diesem Grund wurden in dem vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geförderten Projekt CIRSforte mehr als 180 Praxen dabei begleitet, ein Berichts- und Lernsystem auf- bzw. auszubauen. Den Praxisteams wurden dazu verschiedene Maßnahmen angeboten, wie Einführungsworkshops, vertiefende e-Learning-Module, eine Handlungsempfehlung mit Vorlagen für Berichts- und Analyseformulare, Webinare für den kollegialen Austausch und eine zentrale Projektplattform. Die e-Learning-Module und Unterlagen stehen allen Interessierten auf www.cirsforte.de zur Verfügung.

Fehlerquellen überall

Den MFA kommt eine Schlüsselposition im Fehlermanagement zu. Sie sorgen üblicherweise dafür, dass in der Praxis alles rund läuft. Sie wissen, was außerhalb des Sprechzimmers passiert und können wertvolle Tipps insbesondere zur Praxisorganisation geben. Deshalb ist es unabdingbar, dass alle aus dem Team bei der Diskussion und Analyse von Fehlern beteiligt sind.

Wenn Sie sich fragen, wo im Praxisalltag kritische Ereignisse auftreten können, lautet die Antwort: Überall. Alles, was im Zusammenhang mit der Patientenbehandlung steht, ist risikoanfällig. Das fängt mit dem Umgang mit Medikamenten oder Medizinprodukten an, geht über die Dokumentation bis zur Kommunikation innerhalb des Teams, mit Patienten, Zuweisern oder anderen externen Personen, die an der Behandlung beteiligt sind – auch die verwendeten Kommunikationsmittel gehören dazu.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation erleiden bis zu 40 Prozent der Patienten bei ambulanten Behandlungen Schäden. Die Folgekosten gehen in die Milliarden. Auch im hoch technisierten Deutschland gehören Fehler zum medizinischen Alltag. Wer eine üppige Auswahl an Beispielen sucht, wird fündig auf www.jeder-fehler-zaehlt.de

Nutzen für Praxis und Patienten

Um zu lernen, bevor etwas passiert, empfiehlt der G-BA schon lange Berichts- und Lernsysteme. Der systematische Umgang mit kritischen Ereignissen und Fehlern hilft dabei, vermeidbare unerwünschte Ereignisse so gering wie möglich zu halten. Mit einem Berichts- und Lernsystem werden alle Auffälligkeiten, potenziellen Gefahrenquellen und Zwischenfälle notiert. Einerseits, um sie allen im Team bekannt und bewusst zu machen. Aber natürlich auch, um Maßnahmen zu entwickeln, die eine Wiederholung vermeiden.

Solche Maßnahmen für mehr Patientensicherheit zahlen sich aus – für die Patienten und in den Kostenstatistiken. Die US-amerikanischen „Medicare“-Kliniken etwa geben an, zwischen 2010 und 2015 durch Sicherheitsmaßnahmen rund 28 Milliarden Dollar eingespart zu haben.


© CIRSforte
Für ein besseres Fehlermanagement in der ambulanten Versorgung braucht es Verän- derungen. Das CIRSforte-Projekt gibt darauf wichtige Hinweise.

Im CIRSforte-Projekt, das auch vom Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. (APS) unterstützt wurde, ergaben sich viele Ergebnisse in Bezug auf die Strukturen und Prozesse im Fehlermanagement, die wichtigsten davon sind in der Abbildung auf dieser Seite zusammengefasst. Die erste und wichtigste Empfehlung für Praxisteams, die ein Berichtsund Lernsystem einführen wollen, lautete: Integrieren Sie in Ihre Teamsitzung einen festen Tagesordnungspunkt „Lernen aus Fehlern“. Unumgänglich ist dabei eine Praxiskultur, in der niemand fürchten muss, dafür bestraft oder gemobbt zu werden.

Investition in die Zukunft

Im Abschlussbericht des Projekts heißt es: „Praxisteams mit einem strukturierten Fehlermanagement gelingt es, Schwachpunkte und Risiken in ihren Arbeitsabläufen zu identifizieren und aus dem offenen Austausch über Fehler oder andere kritische Ereignisse zu lernen. So können Arztpraxen einen entscheidenden Beitrag zur Patientensicherheit leisten.“ Für viele der Praxen, die das Fehlermanagement im Rahmen des CIRSforte-Projekts eingeführt haben, ist dieser Bestandteil des QM nicht mehr wegzudenken.

Der Aufwand für die Einführung wird dagegen eher überschätzt. Praxen mit einem gelebten und gut laufendem Qualitätsmanagement können ohne großen zusätzlichen Aufwand ein solches System einführen. Eine Praxis, die präventive Maßnahmen nach kritischen Ereignissen beschließt und umsetzt, wird merken, dass Abläufe reibungsloser funktionieren und dadurch Frust vermieden wird. Es ist also ein kleiner Schritt mit großer Wirkung.

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