Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Vor und nach dem Tod

Betreuung von Angehörigen

Wie geht man professionell mit trauernden Angehörigen um? Das ist eine der schwierigsten Fragen im MFA-Beruf und erfordert neben Einfühlungsvermögen auch viel Zeit. Wir geben Tipps für diese sensible Aufgabe.
© Robert Kneschke – stock.adobe.com
© Robert Kneschke – stock.adobe.com

Praktisch in jedem medizinischen Beruf gehört der Tod zum beruflichen Alltag. Patienten erliegen unheilbaren Krankheiten, sie versterben altersbedingt oder ganz plötzlich. In der Regel haben andere medizinische Fachberufe öfter direkt mit dem Tod von Patienten zu tun, etwa Pflegekräfte in Altenheimen oder auf Palliativstationen. Aber der Umgang mit Angehörigen, die gerade ein Familienmitglied verloren haben, ist auch für MFA ein durchaus regelmäßig wiederkehrendes Ereignis. Und sicher haben Sie sich auch schon manchmal insgeheim gefragt: Welche Hilfestellungen kann ich Hinterbliebenen geben, um ihnen den Trauerprozess zu erleichtern?

Trauerarbeit ist wichtig

Trauer ist für unsere Psyche wichtig. Und in unserer schnelllebigen Zeit bleibt Trauernden oft kaum Zeit, sich mit der veränderten Situation auseinanderzusetzen. Bereits nach wenigen Tagen wird erwartet, dass man im Alltag funktioniert, als wäre nichts passiert. Das blockiert jedoch die notwendige Trauerarbeit.

Selbst wenn der Tod sich durch Krankheit oder hohes Alter lange angekündigt hat, ist er dennoch für die Angehörigen eine Krisensituation. Zwar kann Angehörigen Trauer nicht abgenommen werden, das Umfeld kann sich aber ein Stück weit für ihre Trauer öffnen und ihr so Raum geben. Wichtig ist dazu vor allem ein aktives Zuhören, das dem Trauernden Verständnis signalisiert. Dabei braucht es gar nicht viele Worte. Hilfreich kann es sein, die Gefühle der trauernden Person zu verbalisieren („Sie sind jetzt sehr traurig, oder?) und so Einfühlungsvermögen zu zeigen. Auch das Äußern der eigenen Hilflosigkeit („Solche Ereignisse machen mich auch sprachlos“) macht dem Trauernden deutlich, dass er nicht allein ist.

Der oder die Angehörige wird es sicher als Unterstützung empfinden, wenn er seine Gefühle ausdrücken darf. Das ist ein ganz elementarer Bestandteil der Trauerarbeit und geht oft mit Gefühlsäußerungen wie Weinen oder Klagen einher. Das passiert nicht nur in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Anlass, solche Gefühle können auch noch nach Monaten oder Jahren auftreten.

Ganz wichtig ist es, „verharmlosende“ Floskeln zu vermeiden wie „In ein paar Tagen sieht die Welt schon anders aus“ oder „Kopf hoch, das wird schon wieder.“ Solche Bemerkungen kaschieren vielleicht die eigene Unsicherheit im Umgang mit Sterben und Tod, für den trauernden Angehörigen sind sie aber eher belastend. Vielleicht müssen Sie auch Ihrer eigenen Trauer Raum einräumen, wenn Sie die Verstorbenen als MFA lange begleitet haben. Dann kann es für beide Seiten hilfreich sein, über den Verstorbenen zu reden und positive Erinnerungen an ihn zu teilen.

Die „Aufgaben“ der Trauernden

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© AOK
Der Familiencoach Pflege der AOK behandelt auch das Thema Trauer.

Trauernde sind oft in sich gekehrt. Nur selten geht die Initiative zu einem Gespräch von ihnen selbst aus. Wenn Angehörige eines jüngst verstorbenen Patienten in die Praxis kommen, sollten Sie durchaus mal nachfragen, wie es ihm oder ihr geht. Damit geben Sie zwei positive Botschaften: „Ich denke auch noch an ihn / an sie“ und „Ich bin jetzt für Sie da.“

Gesunde Trauerarbeit hat zum Ziel, den Gefühlen Raum und den Trauernden Zeit zu geben. Irgendwann muss jedoch auch bei der tiefsten Trauer wieder der Schritt in den Alltag gefunden werden. Psychologen sprechen daher von den Aufgaben, die jeder Angehörige in der Zeit der Trauer bewältigen muss. Diese vier Aufgaben laufen nicht nacheinander ab, sondern überschneiden sich.

  1. Der Tod des Verstorbenen muss begriffen werden.
  2. Der Schmerz der Trauer muss ausgelöst und verarbeitet werden.
  3. Die Lebensgeschichte des Verstorbenen, die mit der seiner Angehörigen eng verbunden ist, muss wertgeschätzt und vielleicht auch neu interpretiert werden.
  4. Dem Verstorbenen muss innerlich ein neuer Platz im eigenen Leben gegeben werden, und der Hinterbliebene muss sich dem Leben wieder zuwenden.

Die Bewältigungsmechanismen Trauernder sind individuell verschieden. Das betrifft die unterschiedlichen Gefühle, die in Trauernden ausgelöst werden (Traurigkeit, Wut, Erleichterung und andere), sowie die Zeit, die jemand braucht, um einen Trauerprozess zu durchlaufen.

Hilfe suchen und finden

Trauerarbeit beginnt häufig nicht erst mit dem Tod, sondern oft schon sehr viel früher, bereits in der letzten Lebensphase. Dazu kommt, dass alte und kranke Menschen, die nicht mehr allein leben können, viel Betreuung brauchen. Das zusammen kann Angehörige, die sich darum kümmern, selbst an die Grenze ihrer Belastbarkeit bringen. Die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) von 2020 hatte gezeigt, dass jede vierte Person, die einen Angehörigen zu Hause pflegt, durch die Pflege „hoch belastet“ ist.

Wer Hilfe sucht, findet sie u. a. beim Familiencoach Pflege der AOK. Das Online-Programm zeigt den Nutzern Methoden und Wege auf, trotz körperlicher und emotionaler Herausforderungen gut für sich selbst zu sorgen und vor allem Zeit für sich zu finden. Auch der Umgang mit der Trauer und mit anderen schwierigen Gefühlen wie Wut, Ekel oder Angst ist ein Thema im Familiencoach. Die Nutzer können sich im Programm die Themen, die für ihre Situation besonders relevant sind, individuell anzeigen lassen. In interaktiven Übungen erhalten sie ein maßgeschneidertes Feedback, können sich Interviews mit Experten-Hinweisen ansehen und Hörübungen zur Entspannung und Achtsamkeit nutzen.

Trauernde begleiten

Ein Sprichwort sagt: Willst du anderen ein Begleiter sein, dann schau erst in dich selbst hinein. Es ist also sicher ein guter Ansatz, sich selbst zu fragen, welches Verhalten von anderen Menschen Ihnen in einer Zeit der Trauer geholfen hat. Jeder, der schon einmal nahestehende Menschen verloren hat, kann sich an Situationen erinnern, die ihm geholfen haben. Und an solche, die eher schwierig waren. Die eigene Erfahrung kann auch dabei helfen, sich ein Stück in den anderen hineinzuversetzen: Wie geht es ihm / ihr gerade? Was beschäftigt ihn / sie? Ziel muss es sein, dass die trauernde Person sich wieder in die Gemeinschaft der Lebenden integriert.

Weil das Zeit braucht, macht es auch viel später noch Sinn, immer mal wieder nachzufragen, was sich innerlich für den Angehörigen verändert hat. Natürlich hat keine Praxis unbegrenzt Zeit für solche Dinge. Daher ist es wichtig, herauszufinden welche Ressourcen jemand zur Bewältigung der Krise hat: Wen gibt es im Umfeld, der unterstützen kann? Dabei kommen Angehörige, Freunde und Nachbarn infrage, aber auch eine Gruppe in einer sozialen Einrichtung oder eine Kirchengemeinde.